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Kein Geld für kranke Kinder
Info, Gesellschaft + Soziales • 24.01.2020 • 20:15 - 21:00
Der Alltag von Krankenpflegerin Marion P. ist gepägt durch den Pflegenotstand.
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Hochqualifizierte Pflegerinnen sind rar auf den Kinderstationen.
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Stellt das Gesundheitssystem zu wenig Geld für kranke Kinder bereit?
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Kranke Kinder widersetzen sich dem Fallpauschalen-System.
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Originaltitel
Kein Geld für kranke Kinder
Produktionsland
D
Produktionsdatum
2019
Info, Gesellschaft + Soziales

Kein Geld: Lange geplante Herzoperationen von Kindern werden kurzfristig verschoben. Rettungssanitäter mit jungen Notfallpatienten an Bord wissen nicht, welche Klinik sie anfahren können. Eltern müssen in weit entfernte Krankenhäuser pendeln. Der Mangel an Pflegepersonal sorgt für unterbesetzte Stationen. Kliniken geben Teile ihrer Kinderstationen ganz auf. Warum vernachlässigt unser Gesundheitssystem die Schwächsten, unsere Kinder?

An der Haunerschen Kinderklinik in München können in der Intensivstation nur acht von 16 Betten belegt werden. Auch in der Kinder-Intensivstation an der Medizinischen Hochschule Hannover stehen 20 Prozent der Betten leer. Der Grund: Pflegekräftemangel. Kranke Kinder müssen abgewiesen werden. Ein weiteres Problem ist das Bezahlsystem im Gesundheitswesen. Die Krankenkassen rechnen nach sogenannten Fallpauschalen ab. Bezahlt wird ein Durchschnittswert, in dem sowohl Diagnostik, Behandlung und Pflege enthalten ist. Doch Gespräche mit Kindern und Eltern dauern länger und brauchen mehr Einfühlungsvermögen - und die viel niedrigeren Fallzahlen machen es schwerer, Routinen zu entwickeln. Professor Dr. Christoph Klein, Direktor der Haunerschen Kinderklinik München: "Kinder widersetzen sich der Durchtaktung im System, weil sie Kinder sind!" Wenn den 18 Monate alten Viktor bei einer einfachen Blutabnahme zwei Pflegerinnen und seine Mutter halten müssen, ist dieser Personaleinsatz in keiner Pauschale eingepreist. Die Situation spitzt sich zu: In den Krankenhäusern werden Budgets für die zeitintensive Behandlung von Kindern mit komplexen Krankheiten gekürzt, oft nur, um die Vorhaltekosten zu reduzieren. Und wenn 2020 die "generalisierte Pflegeausbildung" kommt, befürchten Ärzte, dass es noch schwerer wird, hochqualifizierte Pfleger für die Kinderstationen zu bekommen. "Diejenigen, die keine spezialisierte Ausbildung haben, müssen wir dann über ein oder zwei Jahre qualifizieren", sagt Jochen Scheel, Geschäftsführer von GKinD e.V., der Gesellschaft der Kinderkrankenhäuser und Kinderabteilungen in Deutschland.

Warum stehen in der Diskussion um unser Gesundheitssystem die Bedürfnisse von Kindern nie im Fokus? Die Dokumentation "Kein Geld für kranke Kinder" zeigt, wie Ärzte und Pfleger vergeblich bessere Bedingungen einfordern und wie wenig sie dabei bei der Politik Gehör finden. Professor Dr. Christiane Woopen, Medizinethikerin in Köln, die gerade eine Studie zur Situation herausgebracht hat, sagt: "Es erschreckt mich, dass wir in einem so reichen Land tatsächlich mit der Gesundheit unserer Kinder in der klinischen Versorgung nicht gut umgehen."